Der Aal (anguilla anguilla)
Nachdem der Fisch des Monats im September nicht erschienen ist, kommt hier aus gegebenem Anlass der Aal als Fisch des Monats Oktober.
Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) ist eine vom Aussterben bedrohte Art der Aale und in ganz Europa, Kleinasien und Nordafrika beheimatet. Er hat einen schlangenförmigen, langgestreckten, drehrunden Körper. Die Rücken-, Schwanz- und Afterflosse bilden einen durchgängigen Flossensaum. In der dicken Haut sind sehr kleine Rundschuppen eingebettet. Der europäische Aal hat ein oberständiges Maul, das heißt, der Unterkiefer ist etwas länger als der Oberkiefer.
Die Färbung der Oberseite kann zwischen Schwarz und dunkelgrün, die der Unterseite zwischen gelb (junger, sog. Gelbaal) und weiß (erwachsener, sog. Blankaal) variieren.
Erwachsene Weibchen können bis zu 150 cm lang und 6 kg schwer werden, Männchen erreichen nur 60 cm Länge. Solche Größen werden aber extrem selten erreicht, und schon ein Weibchen von einem Meter Länge ist ausgesprochen groß.
Aale sind katadrome Fische, die zum Laichen vom Süßwasser ins Meer wandern und gehören zu den sogenannten Wanderfischen.
Der Laichplatz der Aale befindet sich im Westatlantik im (Bild Nr. 1) Sargassomeer. Aus den Eiern entwickeln sich die Aallarven (weidenblattförmig).
Diese driften dann mit dem Golfstrom zu den (Bild Nr. 2) europäischen Küsten. Die dort ankommenden Jungaale sind durchsichtig und haben bereits die Aalform, man spricht von Glasaalen (ca. 6 cm lang, ca. 3.000 Stück pro Kilogramm).
Im Küstenbereich oder im Süßwasser der Flüsse folgt das (Bild Nr. 3) Fressstadium. Wegen der gelblichen Bauchfärbung spricht man von Gelbaalen.
Nach erreichen der Geschlechtsreife wandern die Aale zurück zum (Bild Nr. 4 -> 1) Sargassomeer.
Während dieser Wanderung wird die Nahrungsaufnahme eingestellt. Die abwandernden Aale haben stark vergrößerte Augen, eine silbrig weiße Bauchseite, einen auffallend dunklen Rücken und einen eingezogenen After. Man spricht von Blankaalen. Diese haben zudem einen sehr hohen Fettgehalt.
Während ihrer Wanderung im Meer führen die Blankaale tagesperiodische Vertikalwanderungen aus, d. h. tagsüber schwimmen sie in Tiefen bis zu 1000 m und steigen nachts fast bis an die Wasseroberfläche. Im folgenden Jahr treffen sie dann in der Sargassosee ein, wo sie vermutlich in Tiefen bis zu 2000 m laichen. Dieser letzte Lebensakt raubt ihnen dann auch die allerletzten Energiereserven – nach der Paarung und Abgabe der Geschlechtsprodukte sterben sie.
links = Spitzkopfaal, rechts = Breitkopfaal
GEFÄHRDUNG:
Der Europäische Aal gilt inzwischen als stark gefährdet, die IUCN listet die Art als Critically Endangered (vom Aussterben bedroht), die Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) haben 2007 die Aufnahme des Europäischen Aals in den Anhang II (schutzbedürftige Arten) des Übereinkommens beschlossen, was von der Europäischen Union 2009 umgesetzt wurde.
Glasaale werden in großen Mengen vor den europäischen Küsten gefangen, um direkt verzehrt oder in Aquakulturen, beispielsweise in Asien, gemästet zu werden. In den letzten Jahren gingen die Fangzahlen dramatisch zurück (laut Greenpeace in den letzten 20 Jahren um 99 %). Zudem werden durch öffentlich geförderte Aal-Besatzmaßnahmen Glasaale in Mündungsbereichen großer Flüsse gefangen und in Binnengewässer eingesetzt, um die Aalbestände zu verbessern. Vom Fischereiökologen Reinhold Hanel wird diese Praxis kritisiert, da viele Tiere (nach einer französischen Studie 40 %) beim Fang und Transport sterben. Inzwischen ist ein lukrativer illegaler Handel mit Glasaalen von Europa nach Asien entstanden.
Bessere karte unter: https://www.av-nds.de/aalfangverbot-aktueller-stand/
Aktuell gilt die Bekanntmachung zu einem zeitweisen Fangverbot zum Schutz des Europäischen Aals vom 17. April 2024, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 14.5.2024.
Damit werden die Auflagen aus Artikel 13 der Verordnung (EU) 2024/257 auf Bundesebene festgesetzt bzw. bekanntgemacht.
Auslegungssache der Staaten bzw. der Bundesländer ist der räumliche Rahmen, in denen die Fangverbote gelten.
In Niedersachsen sind das die Gewässer im Geltungsbereich der Nds. Küstenfischereiordnung (Fließgewässer auf der Karte rot markiert).
Zwar kündigt die EU an, sie wolle die Sterblichkeitsfaktoren für den Aal einer verstärkten Überwachung unterziehen. Gemeint ist damit offenbar aber wieder nur die Sterblichkeit durch den Fang durch Freizeit- und Berufsfischer. Die Wasserkraft bleibt erneut außen vor.
Aus einer gemeinsamen Erklärung der EU-Kommission und weiterer Staaten (u.a. Deutschland) vom 27.1.2023 geht außerdem klar hervor, dass unverzüglich („so bald wie möglich“) sogar noch umfassendere Aalfangverbote erlassen werden sollen, wenn die Abwanderungsquoten nicht erreicht werden.
Hintergrund: Die EU sieht ihre Aalbewirtschaftungspläne als erfüllt an, wenn 40% der Ende der 1980er Jahre abwandernden Blankaale pro Flussgebietseinheit wieder in die Nord- und Ostsee abwandern. In Niedersachsen betrifft das die Flussgebietseinheiten der Ems, der Weser und der Elbe. In ganz Norddeutschland wurden für neun Gewässer Quoten festgelegt.
Am 30.6.2024 mussten die Staaten die Fortschrittsberichte über die Umsetzung ihrer Aalbewirtschaftungspläne vorlegen. Dr. Erik Fladung vom Institut für Binnenfischerei (IfB) präsentierte diesen Umsetzungsbericht 2024anlässlich des Deutscher Fischereitag Ende August in Hamburg.
Zusammengefasst stellen die Wissenschaftler fest:
* bis 2016 haben sich die Aalbestände stabilisiert, seither leichter Anstieg, Zielerreichung bis 2027 möglich
* Besatzfische tragen zu 95% zum Gesamtbestand bei!
* 6 von 9 Flusseinzugsgebieten würden die Abwanderungsquote von 40% nicht erreichen, wenn der Besatz eingestellt wird! (wie bspw. vom ICES gefordert!)
* die durch den Menschen verursachte Aalsterblichkeit (Freizeitfischerei, Berufs- und Nebenerwerbsfischerei) ist nur noch im Flusseinzugsgebiet der Elbe zu hoch
* Wasserkraft und fehlende Durchgängigkeit sind die entscheidenden Faktoren für das Nicht-Erreichen der Abwanderungsquote, auch weil sie unmittelbar auf die abwandernden Blankaale wirken
—> so wäre in der Elbe gar nicht so viel Besatz nötig, wenn die Querverbauungen in den Zuflüssen endlich für Aale durchgängig gemacht würden. Aktuell sind nur 6 von 138 Querverbauungen im Elbe-System passierbar
(Quelle: Anglerverband Niedersachsen, Wikipedia, Heintges Lehrmaterial)